Fraunhofer IPA

Aller Anfang
ist schwer

Professor Wolfgang Dutschke, Jahrgang 1931, war von 1957 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1996 am Fraunhofer IPA beziehungsweise am Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb IFF der Universität Stuttgart tätig. Er leitete unter anderem das Messlabor und das Kalibrier-Laboratorium für geometrische Größen im deutschen Kalibrierdienst und blickt gern zurück.

 

»…Es war mein Wunsch, nach meiner Diplomarbeit zu promovieren. Das Thema ›Arbeitsplanung mit Computer‹ war zu der Zeit hochaktuell. Immerhin war der Rechner ›ER 56‹ von SEL in der Entwicklung. Er hätte mir für meine Arbeit zur Verfügung gestanden. Das klappte dann jedoch nicht und ich promovierte am Versuchsfeld für Bildsame Formgebung zum Thema ›Tiefziehen prismatischer Teile‹. Das war praxisnah und konnte experimentell bearbeitet werden…

… Die Erarbeitung von Lehrunterlagen für Vorlesungen und Praktika sowie die Beschaffung von Messgeräten und die Einrichtung des Messlabors war meine erste Aufgabe. Die räumlichen Gegebenheiten waren kümmerlich. Neben dem Institutszimmer und einer Dunkelkammer im Erdgeschoss der Keplerstraße 10 gab es im Keller noch eine Institutswerkstatt von Meister Müller. Daneben existierten noch Vorkriegsgeräte von Carl Zeiss, beispielsweise ein ›Abbe-Längenmesser‹ mit Spiralokular, ein ›Optimeter‹ sowie ein kleines Werkstatt-Messmikroskop. Diese Geräte waren unser Grundstock…

… Die Finanzierung meiner Stelle kam zunächst vom Landesgewerbeamt Baden-Württemberg (LGA), das den Auftrag erteilte, eine Ausstellung ›Messen und Prüfen in der Fertigungstechnik‹ aufzubauen. Meine Aufgabe bestand darin, Herstellerfirmen von Messgeräten anzuschreiben und zu bitten, für diesen Zweck geeignete Ausstellungsobjekte zur Verfügung zu stellen. Durch Schautafeln sollten Grundprinzipien der Messtechnik anschaulich dargestellt werden. Diese Prinzipbilder fanden später den Weg in die Bücher ›Handbuch Fertigungsmesstechnik‹ und ›Fertigungsmesstechnik‹, das im Jahr 2007 in der 6. Auflage erschien…

»Man lernt nie aus…«

… Mein erster Industrieauftrag hatte es in sich. Ein Mühlenbetreiber in Battenberg hatte sich an uns gewandt, weil eine neue Wassermühle unruhig lief. Sie wurde nicht von einem rauschenden Bach, sondern von einem E-Motor angetrieben und diente zum Mahlen von Holz, das als Zuschlag bei der Herstellung von Kunststoffteilen gebraucht wurde. Die Mühle hatte keine Mühlsteine, sondern geriffelte Hartmetall-Leisten, die an einem Rotor befestigt waren und mit diesem mit extrem hoher Drehzahl rotierten. Beim Anlaufen geriet die Mühle in starke Vibrationen, die offensichtlich nicht normal waren. Voller Tatendrang fing ich an, das Gussgehäuse aufzuschrauben und die zahlreichen Hartmetall-Leisten abzuschrauben und das Ganze zu analysieren. Lösen konnte ich das Problem jedoch nicht. Mit den Möglichkeiten der Schwingungsmessung beschäftigte ich mich erst Jahre später. Wahrscheinlich waren die Schwankungen der Hartmetall-Leisten unvermeidlich und hätten durch sorgfältiges Auswuchten ausgeglichen werden können. Man lernt nie aus…«