Fraunhofer IPA


Professor Martin-Christoph Wanner, der die Fraunhofer-Einrichtung für Großstrukturen in der Produktionstechnik IGP leitet, bezeichnet sich selbst als »Mutter des Projekts«, da er das Baby SKYWASH über zehn Jahre begleitet hat. Hier ist er im Jahr 2008 auf dem Gelände der Firma Putzmeister zu sehen.

Der größte Roboter der Welt

Das ist der Stoff, der Bücher füllt und Ingenieurträume wahr werden lässt: Die Rede ist von SKYWASH, einem Projekt, mit dem sich das Fraunhofer IPA zirka 15 Jahre lang befasste. Es begann im Jahr 1983, als zwei Vertreter des Kernforschungszentrums Karlsruhe (KfK) das Fraunhofer IPA für ein Verbundprojekt gewannen, in dem es darum ging, ein hybrides Steuerungskonzept – manuell geführter Manipulator/sensorunterstützter freiprogrammierbarer Roboter – zu realisieren. Man nannte das Baby »Hochflexible Handhabungssysteme«. Heute werden derartige Konzepte mit dem Kürzel MRK betitelt, was für Mensch-Roboter-Kollaboration steht. Ein erster Meilenstein war 1986: Die Fraunhofer-Wissenschaftler schlossen eine Einsatzfallstudie ab, aus der sie wesentliche Erkenntnisse zu Anwendungsmöglichkeiten derartiger Konzepte gewannen. Außerdem erklärte sich die Firma Putzmeister bereit, sich als Industriepartner an einem Verbundprojekt zu beteiligen. Die Realisierung startete in den Jahren 1987 und 1988.

Die Projektpartner entwickelten einen Roboter namens FH26 mit 26 Metern Reichweite und 1,5 Tonnen Traglast. Der mehrgliedrige Arm hatte sechs Hauptachsen (redundante Kinematik), eine Durchbiegung von mehr als 1 m bei gestreckten Hauptachsen und hydraulische Antriebe.

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Die Projektpartner entwickelten einen Roboter namens FH26 mit 26 Metern Reichweite und 1,5 Tonnen Traglast. Der mehrgliedrige Arm hatte sechs Hauptachsen (redundante Kinematik), eine Durchbiegung von mehr als 1 m bei gestreckten Hauptachsen und hydraulische Antriebe. Die damaligen Prozessoren von Intel, Serie 80186, hatten für heutige Verhältnisse eine äußerst geringe Rechenleistung. Die Servo-Regelung der Hydraulikzylinder war unzureichend. Beides wurde den Entwicklern fast zum Verhängnis.

In der Not erinnerte sich das IPA-Forscherteam an einen Experten aus England, der anlässlich einer Sitzung zum Thema »Advanced Robotics« erzählte, dass er vor einigen Jahren einen hydraulischen Roboter mit sieben Metern Ausladung mit der sogenannten analogen Differenzdruckregelung gezähmt habe. Der Kontakt wurde aufgebaut, Gespräche geführt, Ideen entwickelt, Lösungen gefunden und erprobt, die auch noch heute funktionieren. Mit dem Unterschied, dass es diese Regelung inzwischen digital gibt. Im Juni 1989 kam es zu einer ersten Vorführung des SKYWASH-Roboters bei der Lufthansa in Frankfurt. Optimierungen folgten. Eine andere Applikation aus dieser Zeit war SEAWASH. Hier ging es um das Reinigen von Schiffsrümpfen mit Stahlkies. Die Projektpartner bauten ein Stahlaggregat anstelle einer Arbeitsplattform auf und führten dieses mit dem FH26 rechnergesteuert an der Schiffswand entlang. Doch zurück zu SKYWASH: Im Jahr 1991 kam ein Entwicklungsvertrag zur Qualifizierung des FH26 als Flugzeugwaschroboter zustande. Im Projekt enthalten war die Erweiterung des Roboters um fünf Handachsen, die Entwicklung einer Waschbürste zur adaptiven Führung des Gerätes sowie die Entwicklung einer Entfernungsbildkamera zur Einmessung des Roboters in Relation zum Flugzeug.

In praktisch allen Technologiegebieten der Robotik gingen die Forscher bis an die Grenze des damals Machbaren, wovon vier Dissertationen und der Fraunhofer-Preis aus dem Jahr 1995 zeugen. Ehemalige IPA-Mitarbeiter entwickelten aufbauend auf den Erfahrungen mit dem FH26 zwischen 1994 und 1997 zwei Seriengeräte SW33 bei Putzmeister weiter, wobei wichtige Arbeitsinhalte wie die Offline-Programmierung vom Fraunhofer IPA, die Steuerung von AEG und der 3D-Scanner von der Firma Dorneier kamen. Lufthansa nahm die Anlage nach längerem Probebetrieb schließlich 1998 ab und überführte sie in den Dauerbetrieb. Leider konnte sich die Technik – vorwiegend aus organisatorischen Gründen – nicht durchsetzen. Es war kein spezieller Waschplatz vorhanden. Außerdem war der Betrieb des 500-PS-Dieselmotors in geschlossenen Hallen schon damals kritisch. Dennoch wurde die Technologie erfolgreich in der Breite umgesetzt. So basieren alle Steuerungen von Betonverteilerkasten der Firma Putzmeister – mehr als 500 produzierte Einheiten pro Jahr – in wesentlichen Teilen auf der SKYWASH-Entwicklung.

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