Fraunhofer IPA

Heavy Metal


Dr. Jörg Walther war am Fraunhofer IPA von 1980 bis 1982 wissenschaftlicher Mitarbeiter und bis 1986 Leiter der Gruppe Montageautomatisierung, die er in kurzer Zeit von vier auf 15 wissenschaftliche Mitarbeiter ausbaute. Sein Hinterachsmontage-Projekt, um das es in dieser Geschichte geht, ist noch heute Stand der Technik im Automobilbau. Walther ist seit 2013 im Ruhestand. Zuletzt war er bei der Bosch Rexroth AG weltweit für das Geschäft mit Montagetechnik verantwortlich sowie Mitglied im VDMA-Vorstand Robotik und Automation.

Top secret
Das Projekt »Entwicklung von Pilotsystemen für die automatische Endmontage von Kraftfahrzeugen und ihren Komponenten, Teilprojekt Einbau Hinterachsbaugruppe« war mein erstes Großprojekt am IPA und Basis meiner Dissertation. Der Auftrag von BMW lief von 1980 bis 1983, war natürlich »top secret« und hinterließ noch 15 Jahre später Spuren im Versuchsfeld. Als Projektleiter war ich von der Analysephase bis zur Übergabe der Pilotanlage verantwortlich.

1979
Das Ganze begann 1979 mit einer »Voruntersuchung zur Ermittlung von Automatisierungsmöglichkeiten im Bereich Fahrwerk-, Aggregate- und Karosseriemontage«. Die Analyse ergab, dass beim Einbau der Hinterachse am laufenden Hängeförderer mit großen technischen, organisatorischen und wirtschaftlichen Automatisierungshemmnissen zu rechnen war. Prof. Warnecke sagte schlicht und ergreifend: »Das machen wir!«.

Die Montage mit Robotern
Toll, dachte ich. Bauteiltoleranzen im Millimeterbereich, biegeschlaffe Teile, viele Fügerichtungen, Conveyor-Synchronisation, hundert Achs- und Karosserievarianten. Die Komplexität stieg, die Verzweiflung auch. Aber mit Geduld und Systematik kam eine überraschende Lösung heraus: die Montage mit Robotern.

Die Hängebahn ruckelte los, Montagewagen und Roboter ruckelten synchron mit. Die Spannarme spannten, die Positionierhilfen positionierten, die Einfahrvorrichtung fuhr die Achse ein, die Schrauber schraubten. Ein perfekter Lauf – der erste ohne jegliche Störung. Neun Monate später überführten wir die Pilotanlage nach München.

Fraunhofer IPA

Das Projekt »Entwicklung von Pilotsystemen für die automatische Endmontage von Kraftfahrzeugen und ihren Komponenten, Teilprojekt Einbau Hinterachsbaugruppe (EBH)« war ein Auftrag von BMW und lief von 1980 bis 1983.

Die Anlage
Wir bauten die Anlage auf und sie funktionierte – meistens jedenfalls. Beim Einfahren der Hinterachse wurden die Achsfedern zusammengedrückt. Deshalb wurde die Karosserie mit Spannarmen über zwei Zylinder mit je 120 Millimeter Durchmesser formschlüssig niedergehalten. Die Sicherheitsstrategie der Pneumatik-Spezialisten nach alter Schule: Bei Not-Aus fährt das System in Grundstellung. Und es kam der erste Not-Aus-Test: Alle Versuchsfeld-Mitarbeiter stellten sofort ihre Arbeit ein und kamen mit Erste-Hilfe-Mine angerannt. So heftig war der Schlag, als die massiven Spannarme in Grundstellung fuhren und die BMW-Karosse zerrissen wurde. Verletzt wurde zum Glück niemand.

1982
Die erste offizielle Präsentation der Anlage am Fraunhofer IPA vor dem BMW-Vorstand fand im Oktober 1982 statt. Die Hängebahn ruckelte los, Montagewagen und Roboter ruckelten synchron mit. Die Spannarme spannten, die Positionierhilfen positionierten, die Einfahrvorrichtung fuhr die Achse ein, die Schrauber schraubten. Ein perfekter Lauf – der erste ohne jegliche Störung. Neun Monate später überführten wir die Pilotanlage nach München.

Super-Team
Es war eine anspruchsvolle Aufgabe, bei der ich außer Überblick auch viel Gelassenheit üben konnte. Und es war eine tolle Arbeit in einem Super-Team.