Fraunhofer IPA

Im Fünfjahresplan der Chinesen

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Hans-Friedrich Jacobi kam 1977 ans Fraunhofer IPA und war als wissenschaftlicher Mitarbeiter, Projektleiter und Abteilungsleiter tätig. Seit 1992 für die Forschungs- und Entwicklungsplanung zuständig, trat er 2008 in den Ruhestand. Arbeitsmüde ist er seitdem nicht: Man sieht ihn noch oft in den Gebäuden in der Nobelstraße 12 in Stuttgart, wo er beratend und als Mentor für etwa 20 Promovierende tätig ist – unter anderem für die Graduate School of Excellence advanced Manufacturing Engineering (GSaME). Nachfolgend zwei Erinnerungen aus seiner aktiven IPA-Zeit.

Wir schreiben das Jahr 1986. Das Fraunhofer IPA und im Unterauftrag das Forschungszentrum Informatik an der Universität Karlsruhe (FZI) gemeinsam mit Philips, Pirelli sowie weiteren 14 europäischen Partnern bekommt das bis dato größte EU-Forschungsprojekt in der Institutsgeschichte bewilligt. Der Name ist Programm: Knowledge-based Supervision in Computer Integrated Manufacturing (CIM). Das gesamte EU-Projektbudget war damals eine echte Hausnummer: unglaubliche 132 Personenjahre.

Ich bin als EU-Teilprojektleiter verantwortlich für die Integration der Fachfunktionen Fertigungssteuerung, Qualitätssicherung und Instandhaltung hinsichtlich der Entwicklung sowie des prototypischen Einsatzes eines Expertensystems für die Überwachung von Montagelinien bei Philips in Wetzlar und Wien und von Prozesslinien bei Pirelli am Produktionsstandort Turin.

Erfolgreich beendet wird das Projekt in mehrfacher Hinsicht. Zum einen durch die Endpräsentationen der Projektergebnisse in Wien (Videorekorderfabrik der Firma Philips) und Turin (Reifenproduktion der Firma Pirelli), womit die erste europäische Anwendung wissensbasierter Systeme in der Industrie im Grundsatz aufgezeigt werden kann. Zum anderen bedeutet die Projektbearbeitung für uns eine Finanzierung von drei bis vier Wissenschaftlern über fünf Jahre, das Hervorbringen von drei Dissertationen, eine Habilitation sowie das Einrichten einer Professur an der TU Hamburg-Harburg.

Wir schreiben das Jahr 1987 als das Fraunhofer IPA den Zuschlag vom BMZ über die damalige, ausführende Institution Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) erhält, ein Ausbildungsseminar für chinesische Führungskräfte zum Thema Produktionsmanagement auszuarbeiten und im Zeitraum von zwei Jahren (durchgängig vier Semester) in Shanghai umzusetzen. Gemeinsam mit 15 Experten sowie vier chinesischen Dolmetschern erfolgt ein Wissens- und Erfahrungstransfer an über 350 chinesische Direktoren und Vizedirektoren größerer Industrieunternehmen.

1987 tragen alle Männer und Frauen grüne oder dunkelblaue militärorientierte Anzüge. Zwei Jahre später zum Ende des Projekts wird die Kleidungsdoktrin aufgelöst und weicht nach und nach der Vielfarbigkeit.

Besondere Vorkommnisse in dieser Zeit? Viele. Hier drei Anekdoten:

 

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1987 tragen alle Männer und Frauen grüne oder dunkelblaue militärorientierte Anzüge. Zwei Jahre später zum Ende des Projekts wird die Kleidungsdoktrin aufgelöst und weicht nach und nach der Vielfarbigkeit.

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Ein »Ja« bedeutet bei den chinesischen Führungskräften in den Semestern: »Ich habe es gehört«, aber nicht »Ich habe es verstanden« oder »Ich akzeptiere es, merke es mir und handle danach.«

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Der Wissenstransfer in Form von Workshops plus Info-Markt als Ergebnisforum ist in China nicht bekannt. Insbesondere ein Experte verfestigt diese Methode der Wissensvermittlung so, dass sie von den wissenschaftspolitischen chinesischen Autoritäten aufmerksam zur Kenntnis genommen und im folgenden Fünfjahresplan als eine vom Westen für China zu übernehmende Vorgehensweise erwähnt wird.