Fraunhofer IPA

Im Operationsraum
der Zukunft

Die IPA-Projektgruppe für Automatisierung in der Medizin und Biotechnologie, kurz PAMB, arbeitet im Forschungscampusprojekt »Mannheim Molecular Intervention Environment«, kurz M²OLIE, an neuen molekularen Behandlungsprozessen für oligometastasierte, also an Krebs erkrankte Patienten. Das Projekt erarbeitet gleichermaßen Lösungen für medizinische Fragestellungen, für Herausforderungen der Molekularbiologie sowie für Abläufe im Interventionsraum.

Annähernd 100 Ärzte, Mediziner, Ingenieure, Natur- und Betriebswissenschaftler von der Universität Heidelberg, der Universität Mannheim, der Fraunhofer-Gesellschaft, dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) sowie von Industriepartnern wie Siemens, Kuka, Maquer und Carl Zeiss arbeiten in interdisziplinären Teams zusammen. Ermöglicht wird das Ganze durch eine langfristige Förderung über 15 Jahre durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das jährlich zwei Millionen Euro an Fördermitteln bereitstellt.

Der überwiegende Teil von M2OLIE spielt sich auf dem Campus des Universitätsklinikums Mannheim, Tür an Tür mit den Forschern und Entwicklern ab: »Essentiell für die technisch-naturwissenschaftlichen Entwicklungen ist tatsächlich die Nähe zur Medizin. Der Informationsaustausch findet regelmäßig und ohne Unterbrechung statt. Die Mediziner vermitteln uns Ingenieuren und Naturwissenschaftlern die medizinische Realität einer Behandlung. Umgekehrt können wir neue Technologien und Ansätze ins Spiel bringen. Es können Dinge untersucht werden, die sonst unter das Kapitel ›Verrückte Idee‹ ad acta gelegt werden würden«, sagt Professor Jan Stallkamp, der die IPA-Projektgruppe leitet.

In der ersten Projektphase sind durch diesen laufenden Austausch zahlreiche Innovationen angestoßen worden. Wie gut Automatisierungslösungen den Arzt unterstützen können, zeigt beispielsweise die Entwicklung eines Assistenzsystems für robotergestützte Biopsien. Interventionsnadeln – wie sie bei Biopsien verwendet werden – optimal zu positionieren, ist schwierig und zeitaufwändig. Künftig könnte dies automatisch gehen: Ein Roboterarm positioniert an der optimalen Einführungsstelle eine Nadelführung, durch die der Arzt die Nadel einbringen kann.


5 statt 30 Minuten


»Statt der bisherigen 30 Minuten
bei Zielpunkten tief im Körper braucht der Arzt mit Roboterassistenz lediglich
zirka fünf Minuten, um die Nadel zu positionieren«.

 

Statt der bisherigen 30 Minuten bei Zielpunkten tief im Körper braucht der Arzt mit Roboterassistenz lediglich zirka fünf Minuten, um die Nadel zu positionieren. Dadurch ergibt sich eine höhere Effizienz und eine Verkürzung der Behandlung (Narkose) des Patienten. Da der Arzt die Nadel durch die Führung schiebt, kann sie nicht verrutschen und erhält durch den Roboter eine Art zusätzliche Bestätigung über die korrekte Vorschubbahn. Es sind daher deutlich weniger Kontrollaufnahmen nötig.

Die Zeitersparnis macht roboterassistierte Interventionen erst für den Patienten verfügbar, da sonst die Investitionskosten für einen Eingriff zu hoch würden. Dieser Vorteil hat dazu gefügt, dass nun Schritt für Schritt weitere automatisierte Anwendungen für die interventionelle Radiologie und Strahlentherapie entwickelt werden. Es entsteht eine echte Behandlungsalternative für Patienten.

Die Auseinandersetzung mit Bedarf und Machbarkeit wird auch zukünftig die Voraussetzung zur Lösung sehr komplexer Aufgabenstellungen in der individuellen Präzisionsmedizin sein. Ein rundum gelungenes Konzept, das den Titel »Die Übermorgen-Macher« absolut verdient.