Fraunhofer IPA


»Was als Inspiration begann, sich dann zum Konzept entwickelte, wird schlussendlich nun auch umgesetzt«, berichtet IPA-Bereichs- und Abteilungsleiter Dr. Urs Schneider (rechts im Bild) im April 2019, rund eineinhalb Jahre nachdem die Idee für die Hebehilfe vorgestellt wurde.

 

Quelle: Universität Stuttgart IFF/Fraunhofer IPA, Foto: Rainer Bez

Trotz Rollstuhl zurück auf den Traktor

Studierende der Universität Stuttgart haben zusammen mit dem Fraunhofer IPA, der International Society of Wheelchair Professionals und dem querschnittgelähmten Landmaschinentechniker André Beez eine Hebehilfe entwickelt, die Querschnittsgelähmte in den Traktor befördert und sie so bei der beruflichen Wiedereingliederung unterstützt.

 

Rund eine Million Menschen in Deutschland leben mit einer Querschnittslähmung. Die häufigsten Ursachen sind Verkehrsunfälle, Stürze oder Arbeitsunfälle. Die Patienten ziehen sich ihre Verletzung im Durchschnitt mit nur 23 Jahren zu. Rund die Hälfte ist arbeitsunfähig und erhält Rente. »Studien und Forschungsprojekte zeigen, dass ihre Reintegration ins Berufsleben Sinn macht«, informiert IPA-Bereichs- und Abteilungsleiter Dr. Urs Schneider.

Was in Deutschland oft schon eine Herausforderung ist, gestaltet sich in osteuropäischen Ländern wie Georgien, Ukraine, Russland, Rumänien oder Polen als noch schwieriger. Hier fehlt meistens das Geld für eine professionelle Wiedereingliederung. Stattdessen bietet der heimische Hof Rückzug und Tätigkeit. Hier können Betroffene aber nicht mitarbeiten, weil die nötigen Assistenzsysteme fehlen. »Es gibt noch keine funktionale und preiswerte Lösung, um wieder auf einen Traktor zu kommen«, kritisiert Schneider. Auch die International Society of Wheelchair Professionals, bei der Schneider im Beirat sitzt, hat den internationalen Bedarf für ein entsprechendes Hebesystem identifiziert.

In einer viertägigen Blockveranstaltung konzipierte Schneider zusammen mit Studierenden des Masterstudiengangs Medizintechnik an der Universität Stuttgart eine funktionale und kostengünstige Hebehilfe. Unterstützung erhielten sie dabei von André Beez, Inhaber des Garten- und Landschaftsbauunternehmens Schlemmi’s aus Steinwiesen und Manuel Schnappauf, der mit Beez seit vielen Jahren befreundet ist.

Der gelernte Landmaschinentechniker sitzt selbst im Rollstuhl und hat schon mehrere Assistenzsysteme für die Landwirtschaft gebaut. Damit sich die Studierenden ein Bild von der Ausgangsituation verschaffen konnten, standen ihnen in der Versuchshalle des Instituts für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb (IFF) der Universität Stuttgart ein Traktor und ein Rollstuhl zur Verfügung.

»Was als Inspiration begann, sich dann zum Konzept entwickelte, wird schlussendlich nun auch umgesetzt«, berichtet Schneider im April 2019, rund eineinhalb Jahre nachdem die Idee für die Hebehilfe vorgestellt wurde. »Gemeinsam mit Beez und der Universität Hohenheim arbeiten wir gerade an der Realisierung eines ergonomisch passenden Systems, das auch bezahlbar ist.« Gut Ding will Weile haben. Wir dürfen gespannt sein, was am Ende des Tages als Ergebnis rauskommt.