Fraunhofer IPA

Zellen aus der Mühle

Bisher vergehen noch Tage oder gar Wochen, ehe ein Patient weiß, ob sein Tumor bösartig ist und welche Therapie hilft. Denn es ist mühselig und zeitraubend einzelne Zellen aus Gewebeproben herauszulösen, um sie zu untersuchen. Forscher von der Projektgruppe für Automatisierung in der Medizin und Biotechnologie PAMB in Mannheim haben deshalb einen »TissueGrinder« entwickelt, der auf Knopfdruck Gewebe in einzelne, intakte Zellen aufspaltet.

Christian Reis, der bei PAMB die Gruppe Labormechatronik und -prozesstechnik leitet, weiß das aus eigener Erfahrung, wie viel Zeit und Fingerspitzengefühl es braucht, um Gewebeproben im Labor aufzubereiten. Vieles ist noch immer Handarbeit. Der promovierte Biotechnologe war während seines Studiums an einem großen Forschungsprojekt beteiligt. Immer wieder musste er an einem sterilen Arbeitsplatz im Labor Hautproben zerschneiden und mit einem Enzym beträufeln. Über Nacht entstand so im Kühlschrank eine Pampe, die Reis anschließend durch ein Sieb drücken musste, um daraus einzelne Zellen zu extrahieren. Die Prozedur konnte bis zu zwei Tage in Anspruch nehmen.

Aber nicht nur der Zeitverlust störte Reis. Noch viel mehr ärgerte er sich über die große Fehleranfälligkeit: »Es lagern sich sehr leicht Pilze oder Bakterien auf der Gewebeprobe ab«, sagt er. »Damit ist sie völlig unbrauchbar.« Und noch etwas wurmte den Wissenschaftler: »Es ist dem Zufall überlassen, ob das Untersuchungsergebnis reproduzierbar ist«, sagt Reis. »Jeder Laborant geht etwas anders vor bei der mechanischen Zerkleinerung von Gewebeproben.«

 

Der TissueGrinder könnte das Verfahren bald schon automatisieren, standardisieren – und spürbar beschleunigen. Das Gerät funktioniert ähnlich wie eine Kräutermühle: Verschiedene kreisförmig angeordnete Zahnkränze drehen sich in einem ganz bestimmten, vorher definierten Abstand gegeneinander und zerkleinern das Gewebe. Das Gerät schneidet und reibt immer gleich oft und wendet dabei stets die gleiche Kraft an. Die Einzelzellsuspensionen, die der TissueGrinder aus Gewebeproben erzeugt, sind also miteinander vergleichbar. Das Verfahren ist so schonend, dass die einzelnen Zellen dabei keinen Schaden nehmen.

Drei bis fünf Minuten dauert das nur. Damit könnte der TissueGrinder künftig Teil eines Analyse-Systems sein, das direkt neben dem OP-Tisch steht und dem Arzt innerhalb kürzester Zeit die gewünschten Ergebnisse liefert. Die Therapie könnte umgehend beginnen. Krebspatienten blieben Tage bangen Wartens erspart.

Damit könnte der TissueGrinder künftig Teil eines Analyse-Systems sein, das direkt neben dem OP-Tisch steht und dem Arzt innerhalb kürzester Zeit die gewünschten Ergebnisse liefert. Die Therapie könnte umgehend beginnen. Krebspatienten blieben Tage bangen Wartens erspart.

 

Fraunhofer IPA

Dr. Christian Reis